Rumaenienburgen

 

 
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3. Tag, 19.08.03

Auf das Frühstück im Hotel habe ich fast gänzlich verzichtet. Brot und Käse waren trocken, die Tomaten matschig, der spärliche Rest Rührei kalt. Also begnügte ich mich mit einer Cola, da der Tee aus einer trüben, undefinierbaren Brühe bestand, und es keinen Saft gab.

Gegen 10.30 Uhr fuhren wir los zu unserem ersten Tagesziel, Castelul Corvinestilor (auch Schloss Hunyadi genannt) in Hunedoara, dem wir bereits in der Nacht einen Besuch abgestattet hatten. 65000 Lei kostete der Eintritt + nochmals 45000 Lei, damit man fotografieren durfte. Aber in Anbetracht der Tatsache, dass 35000 Lei etwa einem Euro entsprachen, war der Eintrittspreis von umgerechnet rund 3,15 Euro sehr günstig. Zudem konnte man sich in den Mauern frei bewegen und war nicht gezwungen, an einer der Führungen teilzunehmen. Eine Schlossführung kann zwar auch interessant sein, ist nach meinen Erfahrungen aber oftmals etwas "steif". Und da Führungen nur in Rumänisch und Englisch angeboten wurden, hätte ich die Hälfte eh nicht verstanden.

Auch bei Tag wirkte die Burg mit ihren vielen Zimmern, Türmen und hohen Räumen äußerst imposant, besonders der mächtige Rittersaal, der auch in Simon Marsdens Buch zu finden ist. Die Brücke zur Burg war entgegen Simon Marsdens Beschreibung jedoch alles andere, als "schmal" und "notdürftig gestützt". Stattdessen handelte es sich um eine recht breite, stabile Brücke auf massiven Steinpfeilern. Dass Marsden öfter mal zu Übertreibungen und Mystifizierungen in seinen Berichten neigt, hatte ich auf meinen Reisen in den letzten Jahren allerdings schon öfter erlebt. Ich empfinde es als schade und unnötig, dass Marsden tatsächliche Gegebenheiten in seinen Erzählungen manchmal verfälscht oder überspitzt, nur um die Atmosphäre der Orte dunkler und geheimnisvoller erscheinen zu lassen.

Die Felsenburg wurde nach 1440 von Johann Hunyadi auf den Resten einer Wehranlage aus dem 14. Jahrhundert. Umbauten und Erweiterungen erfolgten u.a. 1458 durch Hunyadis Sohn, König Matthias Corvinus sowie im 17. Jahrhundert durch den ungarischen Fürsten Gabor Bethlen.  Vlad "Tepes" Draculea (Vlad III) schloss auf dieser Burg den wackligen Frieden mit Hunyadi, jenem Mann, der 1447 Vlad Dracul, also Tepes' Vater, stürzte und ermorden ließ. Vlad III wurde später von Corvinus gefangen genommen und nach Ungarn auf die Burg Visegrad verschleppt.

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Treppenaufgänge zum Rittersaal

Im Rittersaal selbst soll im 15. Jahrhundert eine junge Frau zu Tode gekommen sein, indem man sie an einer Säule festband und Nägel durch den Kopf trieb. Ihr weiß gekleideter Geist geht angeblich noch immer in den Mauern des Hauptturmes um. Bei Renovierungsarbeiten im Jahre 1873 wurde tatsächlich ein weibliches Skelett unter den Turmstufen gefunden, dessen Schädel von einem Nagel gespalten war.


Der Rittersaal

Der tiefe Brunnen im Hinterhof der Burg wurde einst von drei türkischen Männern gegraben. Sie wurden von Hunyadi gefangen genommen und er gab ihnen das Versprechen der Freiheit, wenn sie beim Graben auf Wasser stoßen würden. Die Männer gruben ganze 9 Jahre mit bloßen Händen bis in eine Tiefe von 60 Metern, doch Hunyadi war inzwischen verstorben und sein Nachfolger kümmerte das Versprechen wenig. Die drei Männer wurden wenig später in den Burggraben gestoßen, wo sie ertranken. Auf einem Stein nahe dem Brunnengrund sind noch heute ihre Namen zu finden sowie eine Inschrift, die übersetzt lautet "Wasser habt ihr, aber kein Herz".

Ihr Ende fand Burg Corvin im Jahre 1854, als in einer stürmischen Nacht der Blitz einschlug und das Gemäuer ausbrannte.

Nachdem ich noch den (leeren) Steinsarg in der Kapelle fotografiert und alle zugänglichen Treppen bestiegen hatte (*schwitz*), gingen wir zurück zum Ausgang, wo ich mir Postkarten und ein Büchlein über die (angeblich) wahre Geschichte des Vlad Tepes in Englisch kaufte. Allerdings enthielt auch diese Broschüre, wie so viele andere, einiges an Unwahrheiten und war eindeutig auf die Erwartung der Touristen zugeschnitten.


Die Kapelle

Als wir von der Burg zurück zum Auto gingen, stellte sich ein Junge neben mich und bekreuzigte sich. Ein sonderbares Bild. Anschließend sprach er mich an, aber ich verstand kein Wort. Da zeigte er auf meine eben gekaufte Cola und bat mich per Zeichensprache, ihm etwas zu trinken zu geben. Natürlich schenkte ich ihm die Flasche und schwitzte weiter. (Wie ich später erfuhr, bedeutete das Bekreuzigen des Jungen so viel wie "Gott solle mich schützen, wenn ich seiner Bitte entspreche").


Zwischen Hunedoara und Hateg (dt. Hatzeg)

Die Industriestadt Hunedoara hinter uns gelassen, fuhren wir weiter über Hateg (dt. Hatzeg) Richtung Süden. In gigantischer Kulisse tauchte vor uns das Retezat-Gebirge auf und schon bald hatten wir Râu de Mori (dt. Mühlendorf) erreicht. An der dortigen Ruine Cetatea de Colt fuhren wir erst mal vorbei, da wir ein Auto "verfolgten", welches mitten ins Gebirge fuhr. Wir waren einfach neugierig, wohin es fahren würde und ob wir so vielleicht eine sonst von uns unentdeckte Landschaft erreichen würden. Die Landschaft war zwar wirklich schön, aber zu unserer Enttäuschung endete unsere Fahrt nach etwa 5 holprigen Kilometern an einem Ferienhaus. Also fuhren wir zurück und stellten den Wagen unterhalb der Ruine ab. Vor uns führten 5 Trampelpfade in den Wald und wir hatten keine Ahnung, welchen der Wege wir zur Burg hinauf nehmen müssten. Denn direkt schien keiner dorthin zu führen.


Cetatea de Colt, Rau de Mori (dt. Mühlendorf)

So sprachen wir ein Mädchen an und wollten uns nach dem Weg erkundigen. Sie sprach zwar kein Wort Deutsch oder Englisch, aber wir konnten uns trotzdem verständlich machen (nicht zuletzt, da Andrea ein wenig Italienisch konnte). Das Mädchen führte uns daraufhin zur Burg (erstmals urkundlich erwähnt Ende des 15. Jh.), wenngleich wir außer ein paar Brocken kaum etwas von dem verstanden, was sie uns unterwegs erzählte. Nach etwa 20 Minuten über steinige und verwilderte Pfade erreichten wir die Mauerreste von Cetatea de Colt - jene Burg, die einst Jules Verne besucht haben und von welcher er Inspirationen für sein Buch "Das Schloss in den Karpaten" erhalten haben soll.

Eine Seite der Burg, die ich fotografieren wollte, passte nicht ganz aufs Bild - und so ging ich immer weiter zurück, um möglichst viel aufs Foto zu bekommen. Dabei schaute ich allerdings nicht nach hinten, sondern nur durch den Sucher meiner Kamera. Plötzlich hörte ich einen lauten warnenden Schrei des Mädchens - und als ich mich umdrehte, stand ich genau vor einem Abgrund! Noch ein Schritt weiter wäre ein Schritt zu viel gewesen! Meinen Herzschlag konnte man in diesem Moment wahrscheinlich auf dem ganzen Berg spüren...
Wieder am Auto angekommen, gaben wir dem Mädchen dankend etwas Geld; außerdem schenkten wir ihr noch Kekse und etwas zu trinken, worüber sie sich ebenfalls sehr freute.

Auf der Rückfahrt entdeckte ich in Rau de Mori noch eine Ruine, von der ich mir nicht sicher war, was für ein Gebäude es einst war. Zwar ging ich außen davon aus, dass es sich um ein normales, verfallenes Haus handelte, hierfür musste es jedoch eine beachtliche Größe gehabt haben. Auch die großen Gänge und Kellergewölbe wären für ein einfaches Haus eher ungewöhnlich. Wie ich bei meiner späteren Recherche herausfand, handelte es sich bei der Ruine um den Adelshof der Familie Candea (später Kendeffy) aus dem 14. Jahrhundert.


Resedinta nobiliara de la Rau de Mori a familiei Candea (Kendeffy)
(Adelsresidenz der Familie Candea / Kendeffy in Rau de Mori)

In einem der Kellerräume versank ich mit dem linken Fuß in einem Schlammloch und mit dem rechten Bein, welches ich mir auf der Ruine bereits aufgeschürft hatte, machte ich auf dem Rückweg mal wieder Bekanntschaft mit Brennnesseln...

Nach einem Zwischenstopp beim Stausee von Rau de Mori und dem Schloss Kendeffy in Santamaria Orlea (dt. Liebfrauen) aus dem 18. Jahrhundert, in dem sich heute ein Hotel befindet, wollten wir in Hateg etwas essen. Nicht gerade einfach, wenn die Karte ausschließlich in Rumänisch verfasst und die Verständigung aufgrund der Sprachbarriere nahezu unmöglich ist. Ich hatte mir in Deutschland zum Glück den Satz, dass ich kein Fleisch esse, übersetzen lassen und so bekam ich Pommes und Tomatensalat.


Stausee vor Râu de Mori


Schlosshotel in Sântamaria Orlea (dt. Liebfrauen)

Wir fuhren weiter über Sebes (dt. Mühlbach), wo ich unseren inzwischen fast leeren Tank auffüllte und machten anschließend noch Halt bei den Grefenburgen in Câlnic (dt. Kelling) und Gârbova (dt. Urwegen). Auf dem Weg dorthin konnten wir zudem einen schönen Sonnenuntergang erleben, der eine mächtige Wolke in eine intensive Farbenpracht eintauchte.


Grefenburg in Câlnic (dt. Kelling)


Kirchenburg in Gârbova (dt. Urwegen)

Nach kurzer Irrfahrt fanden wir in Sibiu (dt. Hermannstadt) endlich unser "Hotel Galant", aber der Name wollte nicht so wirklich zutreffen. Erst wollte man etwas forsch meinen Pass einbehalten (wogegen ich mich erfolgreich wehrte) und als nächstes fiel der Klodeckel im Bad ab. Zudem stand beim Duschen das Bad innerhalb kürzester Zeit unter Wasser, da der Abfluss verstopft war und das Wasser aus einem Sieb im Boden wieder nach oben gedrückt wurde.

Also legten wir den Boden mit den Handtüchern wieder notdürftig trocken, schrieben noch ein paar Ansichtskarten und schliefen irgendwann ziemlich erschöpft ein.


Sonnenuntergang bei Gârbova

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